physiopraxis 2011; 9(2): 8
DOI: 10.1055/s-0031-1273193
physioforum

Zum Artikel „Ein Tag mit Brian Mulligan”, pp 11-12/10 – Vielfalt oder Durcheinander?

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Publication Date:
18 February 2011 (online)

 
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    Schön zu lesen, dass man auch im hohen Alter noch voller Begeisterung Physiotherapeut sein kann. Brian Mulligan hat sicher vielen Kollegen entscheidend weitergeholfen. Dafür gebührt ihm großer Dank! Doch eine Wissenslücke ist die Annahme, Kaltenborn würde jede Extensionseinschränkung im Handgelenk mit einem Gleiten des Skaphoids nach palmar – entsprechend der Konvexregel – behandeln. Er testet das eingeschränkte Gleiten im Gelenk und verbessert die eingeschränkte Gleitrichtung, sofern eine vorliegt. Dies kann auch entgegen der Konvex-Konkav-Regel geschehen [1, 2], z. B. bei sogenannten „Stellungsfehlern” an der Schulter [3, 4]. Mein seit vielen Jahren therapieresistentes Handgelenk hat Kaltenborn in 5 Sekunden dauerhaft schmerzfrei und funktionsfähig gemacht – ohne Manipulation und ohne Konvex-Konkav Regel!

    Die Lektüre deutschsprachiger Fachliteratur lässt Zweifel daran aufkommen, die Physiotherapie habe sich von der „Autoritätenorientierung” weg und hin zu einer „wissenschaftlichen Begründung” ausgerichtet. Ständig findet man Berichte von „tollen” Methoden, die „besser sind als alles Bisherige”. Ein jeder ist von seinem Handeln absolut überzeugt und findet dafür wissenschaftliche und/oder klinische Evidenz. Die Akademisierung und Professionalisierung hat daran bisher nichts geändert und keinen Konsens geschaffen bezüglich Definition und Wirkungserklärung der Physiotherapie sowie deren Vorgehensweise. Es herrscht Vielfalt bzw. ein Durcheinander.

    Jochen Schomacher aus Zollikon