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DOI: 10.1055/s-0034-1374862
Heimliche Über- und/oder Unterdosierung von Insulin bei Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes als Hinweis auf internalisierende psychiatrische Komorbidität
Fragestellung: Bei Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes (T1DM) wurde das Verhalten der absichtlichen und heimlichen Über-und/oder Unterdosierung von Insulin – die sogenannte „Insulinmanipulation“ – untersucht und deren Zusammenhang mit psychiatrischer Komorbidität, sowie die Folgen von Insulinmanipulation für Diabeteseinstellung und Akutkomplikationen.
Methodik: In einer multizentrischen Querschnittsuntersuchung wurden 241 jugendliche PatientInnen mit T1DM (Alter 10 – 22 Jahre, mean 14,0 Jahre, Diabetesdauer > 1 Jahr, mean 6,14 Jahre) aus 21 repräsentativ ausgewählten Diabeteszentren in Österreich mit zwei diagnostischen, semistrukturierten Interviews untersucht. Mit dem DSMP-I wurde die Einhaltung der vorgeschriebenen Insulintherapie erfasst, mit dem Kinder-DIPS psychiatrische Komorbidität diagnostiziert.
Ergebnisse: Absichtliches Über-und/oder Unterdosieren von Insulin lag bei 29,5% der Jugendlichen vor, ebenso konnte bei 29,5% der StudienteilnehmerInnen eine psychiatrische Komorbidität festgestellt werden. 33 PatientInnen (13,7%) waren von beidem betroffen.
Unter den Jugendlichen, die ihre Insulindosis manipulierten, lag die höchste Rate an psychiatrischer Komorbidität vor (46,5% vs. 17,5%, p = 0,001) – hierbei vorwiegend internalisierende Störungen wie depressive Erkrankungen, Essstörungen und Angststörungen. Vice versa manipulierten unter den PatientInnen mit psychiatrischer Komorbidität ein größerer Teil mit Insulin (64,7% vs. 30,9%, p = 0,001).
Insulinmanipulation war assoziiert mit höherem HbA1c (8,65% vs. 7,81%, p = 0,001), häufigeren Ambulanzbesuchen (p = 0,05) sowie dem Auftreten von Ketoazidose (p < 0,001) und schwerer Hypoglykämie (p = 0,05). Psychiatrische Komorbidität war verbunden mit dem gehäuften Auftreten von Ketoazidosen (p = 0,001).
Schlussfolgerungen: Das Verhalten der Insulinmanipulation kann bei Jugendlichen als unspezifisches Symptom internalisierender psychiatrischer Störungen gesehen werden. Insulinmanipulation ist assoziiert mit einer Verschlechterung der Diabeteseinstellung, einem vermehrten Auftreten von diabetischen Akutkomplikationen sowie einem höheren Betreuungsaufwand im Sinne einer erhöhten Frequenz von Ambulanzbesuchen durch betroffene PatientInnen.