Planta Med 1972; 22(7): 241-266
DOI: 10.1055/s-0028-1099610
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

ZUM WIRKUNGSMECHANISMUS COCARCINOGENER PFLANZENINHALTSSTOFFE

G. Fürstenberger, E. Hecker
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Publikationsdatum:
15. Januar 2009 (online)

Zusammenfassung

Ein bezüglich chemischer Struktur und biologischer Wirkung typischer Vertreter der 14 aus Crotonöl isolierten hyperplasiogenen, entzündlichen und cocarcinogenen Wirkstoffe ist das 12–O–Tetradekanoyl–phorbol–13–acetat (TPA). Er vereinigt also in sich die drei Wirkungsqualitäten, während der Diterpenalkohol Phorbol selbst biologisch unwirksam ist. Der Vergleich der entzündlichen und der cocar–cinogenen Wirksamkeit einer Reihe von Phorbol–12,13–diestern des Crotonöltypus zeigt, daß die stärker entzündlichen Substanzen dieser Wirkstoffklasse auch stärker cocarcinogen wirken.

Im Rahmen von Untersuchungen über den Zusammenhang von chemischer Struktur und biologischer Wirkung wurde eine Reihe weiterer, entzündlich und cocarcinogen wirksamer Faktoren aus Species der Familie Euphorbiaceae und Thymelaceae isoliert und chemisch und biologisch charakterisiert. Die vergleichende Betrachtung der chemischen Strukturen dieser Faktoren erlaubt es, einige für die biologische Wirkung essentielle Strukturelemente herauszustellen: Die Faktoren sind nur als Ester wirksam. Die Positionen der Esterfunktionen beeinflussen die biologische Aktivität der Wirkstoffe nur in geringem Maße. Die primäre Hydroxylfunktion 20 muß jedoch frei sein. Die 4β, 10α–Verknüpfung von Fünf– und Siebenring ist für die biologische Wirkung essentiell. Die Hydroxylfunktion 4 des Phorbols muß, wenn vorhanden, frei sein. Sie kann durch Wasserstoff ersetzt werden, ohne daß die biologische Aktivität der Ester in ausgeprägtem Maße beeinflußt wird.

Im Hinblick auf Fragen des Zusammenhang zwischen entzündlicher, hyperplasiogener und cocarcinogener Wirkung sind zwei neue Wirkstoffklassen von Bedeutung, die aus dem Latex der in Südafrika beheimateten Euphorbia tirucalli isoliert und identifiziert wurden. Es handelt sich um 12,13–Diester des bis dahin unbekannten 4–Desoxy–phorbols sowie des Phorbols, die jeweils mit einer kurzkettigen Fettsäure, der Essigsäure, und einer langkettigen, hochungesättigten Fettsäure der allgemeinen Formel CH–3–(CH2)m–(CH = CH)n–COOH (m = 2, n = 2, 3,4,5; m = 4, n = 1,2,3,4) verestert sind. Diese Ester sind entzündlich hochwirksam, zeigen aber praktisch keine cocarcinogene Aktivität. Hier liegt offenbar eine Sub–Stanzklasse vor, bei der durch Variation des langkettigen Säurerestes im 4–Desoxy–phorbol bzw. im Phorbol der entzündliche und der cocarcinogene Effekt trennbar werden. In diesen Wirkstoffklassen stellen sich die entzündliche und die cocarcinogene Wirksamkeit als verschiedene und unabhängige Wirkungsqualitäten dar.

Abstract

12–0–Tetradecanoyl–phorbol–13–acetate (TPA), one of the 14 diesters of the tetracyclic diterpene phorbol, isolated from Croton oil (Croton tiglium L), exhibits highly hyperplasiogenic, irritant and cocarcinogenic activities.

New irritant and cocarcinogenic diterpene esters from other species of Euphorbiaceae and Thymeleaceae were isolated and characterized. They are chemically related to phorbol esters. By comparison of their chemical structures common structural elements can be identified which are considered to be essential for the biological activities: the free hydroxyl–function at the 20–position and the 4β, 10α–connection of the five– and seven membered rings.

Regarding the interrelationship between irritant and cocarcinogenic activity, a new class of highly unsaturated long chain diesters of phorbol and 4–deoxy–phorbol has been isolated from the latex of Euphorbia tirucalli. They exhibit highly irritant but no cocarcinogenic activities. Thus, in these compounds irritant and cocarcinogenic activities appear to be two different and independent qualities of biologial activity.

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